Jeder erfahrene Hundebesitzer weiß, dass die Anfangszeit mit dem neuen vierbeinigen Familienmitglied eine der aufregendsten Etappen ist: man gewöhnt sich aneinander und lernt sich gegenseitig kennen und lieben. Der neue Welpe stellt unseren Alltag nicht nur mit seiner Neugier sondern auch seinem unermüdlichen Entdeckungsdrang auf den Kopf.
Für alle, die noch wenig oder überhaupt keine Erfahrung mit Welpen oder Junghunden haben, stellen sich unzählige Fragen bezüglich des idealen Bewegungspensums für das neue Haustier. Sind Spaziergänge in Ordnung? Wenn ja, wie lange? Wann kann ich mit meinem Hund joggen oder Radfahren? Und was hat es mit dem Treppensteigen auf sich?
Im Internet kann man diesbezüglich viele gegensätzliche Informationen finden. Aus diesem Grund haben wir unzählige Bücher, Ratgeber und Expertenlektüre gewälzt, um dir hier die besten Tipps auf einen Blick zusammenzutragen.
Finger weg von der 5-Minuten-Regel
Für so ziemlich jede Alltagssituation gibt es eine Faustregel, die uns hilft, die passendste Entscheidung zu treffen. In unserer Internetrecherche sind wir deshalb auf die berühmte 5-Minuten-Regel gestoßen, welche übrigens totaler Quatsch ist.
Diese sogenannte Regel besagt, dass das ideale tägliche Bewegungspensum eines Welpen sich mithilfe seiner Lebensmonate mal 5 Minuten bestimmen lässt. Rechnerisch gesehen, dürfte sich ein 3 Monate alter Welpe also nur 15 Minuten und ein 5 Monate alter Welpe nur 25 Minuten pro Tag bewegen. Dieser Schuss kann jedoch gewaltig nach hinten losgehen und den Hund in seinem natürlichen Entwicklungsprozess aufgrund fehlender Bewegung hindern. Anstatt sich entsprechend zu festigen, kann es zur Bildung von weichen Gelenkstrukturen kommen, welche wiederum Gelenkerkrankungen wie Arthrose begünstigen. Fehlende Bewegung kann sich gegebenenfalls auch negativ auf seine geistige Entwicklung und sein Wesen auswirken, da sich Hunde, die unter Bewegungsmangel leiden, auch auffällig verhalten. Dein Welpe kann dadurch unruhig und unausgeglichen werden, was sich wiederum in übermäßigem Jaulen, Bellen oder auch einem verstärkten Kaudrang äußern kann.
Damit dein Welpe sich artgerecht entwickeln kann, braucht er ein gesundes Maß an körperlicher und geistiger Forderung und Förderung. Nur so entwickeln sich seine Gelenke, Knochen und Muskeln zusammen mit seinem Körpergefühl, Koordination und Balance auf gesunde Art und Weise. Starke Gelenkstrukturen sind die Grundlage, damit der Bewegungsapparat deines Hundes die Belastungen der Zug- und Druckkräfte gewachsen ist, sobald er ausgewachsen ist.
Wieviel Bewegung ist also ideal?
Diesbezüglich gibt es leider kein Patentrezept, da der Bewegungsanspruch nicht nur vom Alter sondern auch von der Rasse deines neuen Familienmitglieds abhängt. Ein Dackel beispielsweise gehört einer kleinen Rasse an und ist dementsprechend eher ausgewachsen als zum Beispiel ein Bernhardiner. Der Knochenbau der Welpen entwickelt sich von innen nach außen, das heißt, dass die Knochen zwar schon alle seit der Geburt vorhanden sind, aber Wachstumsfugen aufweisen. Diese Wachstumsfugen dienen dazu, dass die Knochen mit der Zeit dementsprechend wachsen und sich festigen können.
Besagte Wachstumsfugen schließen sich bei kleinen Hunden im Alter von 10 bis 12 Monaten und bei Hunden großer Rassen im Alter von 16 bis 18 Monaten. Bei mittelgroßen Hunden liegt dieser Zeitraum zwischen 12 und 14 Monaten. Die Entwicklungsgeschwindigkeit kann sich dennoch von Hund zu Hund individuell unterscheiden.
Um deinem Welpen ein gesundes Maß an Bewegung anzubieten, solltest du nicht nur an die typische Gassirunde, sondern auch an ein Aktivitätenprogramm denken, dass sowohl den Geist als auch den Körper entsprechend auslastet. Das Spielen mit anderen Welpen als auch mit uns Menschen gehört ebenfalls in diese Kategorie. Auch gezieltes Bewegungstraining ist eine tolle Möglichkeit, das Körpergefühl und den Bewegungsapparat auf gesunde Weise zu fördern.
Auch wenn dein Welpe unendlich viel Energie zu haben scheint, solltest du ihm ausreichend Ruhepausen zugestehen. Für eine gesunde Entwicklung muss er sich auch ausruhen und schlafen, da das Gehirn im Schlaf alles neu Gelernte und Erlebte verarbeitet. Auch der Körper regeneriert sich im Schlaf.
Anregungen und Ideen für gezielte Bewegungsübungen
Um dem Bewegungsdrang deines Welpen gerecht zu werden, bieten sich diese Art von Übungen hervorragend an, da sie deinen kleinen Liebling nicht nur auslasten, sondern auch sinnvoll beschäftigen. Durch bewusste Übungen, die du gemeinsam mit deinem Welpen durchführst, regst du ihn an, sich zu konzentrieren, seinen Bewegungsapparat zu stärken und gleichzeitig vertiefst du auch noch eure gemeinsame Bindung.
Die Mischung macht’s: Hierbei laufen Welpen über verschiedene unebene Untergründe. Diese Übung hat zahlreiche Vorteile für deinen jungen Vierbeiner. Er verbessert die Wahrnehmung seines Körpers im Raum und schult auch die Koordination und den Gleichgewichtssinn. Das Beste daran ist, dass du weder spezielle Utensilien noch Trainingsgeräte brauchst. Die unterschiedlichen Untergründe lassen sich teilweise sogar im eigenen Garten oder ganz in der Nähe finden: Sand, eine Wiese, Kieselsteine, Waldboden oder ein umgepflügter Acker. Auch eine wenig aufgeblasene Luftmatratze oder Luftpolsterfolie funktionieren für diese Übung. Dafür führst du deinen jungen Hund langsam einige Male über den unebenen Untergrund. Um das Tempo kontrollieren zu können, bietet es sich an, dies anfangs an der Leine durchzuführen.
Hürden machen Spaß: Es gibt in der Natur unzählige Objekte, die sich dafür eignen. Du kannst deinen Welpen beispielsweise über Äste steigen oder Baumstümpfe umrunden lassen. Dabei wird auch sein Entdeckungsdrang befriedigt. Ein kleiner Sandhügel lässt sich von deinem Hund spielerisch erklimmen während ein Bällebad ebenfalls viel Spaß verspricht.
Du kannst deiner Kreativität freien Lauf lassen, solange du die Sicherheit deines Vierbeiners im Auge behältst. Kontrolliere also die Geschwindigkeit deines Hundes, führe ihn und achte darauf, ihn nicht zu überfordern. Das Aktivitätenprogramm kann sich anfangs auf 1 bis 2 Übungen beschränken und langsam und allmählich gesteigert werden. Beginne allenfalls mit 30 Sekunden pro Übung und achte auf die Signale deines Welpen.
Dürfen Welpen Treppen steigen?
Bei diesem Thema ist die Antwort: grundsätzlich ja. Solang der Welpe kontrolliert und bewusst eine Treppe läuft, ist es durchaus möglich. Dabei solltest du darauf achten, dass du ihn mithilfe einer Leine kontrollierst. Der Vorteil ist, dass deine Fellnase sich so an die ungewohnten Treppenstufen und den damit verbundenen Bewegungsablauf gewöhnt und später keine Angst vor Treppen hat, da er sie bereits sicher hinauf- und herabgehen kann. Wichtig ist dabei jedoch, das gesunde Maß nicht zu überschreiten. Wenn du weißt, dass es sich um viele Stufen handelt, die er mehrmals täglich bewältigen müsste, dann solltest du ihn doch lieber auf den Arm nehmen und tragen.
Überlastung – Konsequenzen und wie du sie vermeidest
Die Überlastung eines Welpen oder Junghundes kann schwere Folgen für seinen Körper haben. Die Bänder und Muskeln sind noch vergleichsweise schwach – auch die Knochen sind noch nicht fest genug, um die gesamte Belastung zu tragen. Aus diesem Grund kann es bei Überlastung oder falscher Belastung sogar zur Verformung des Skeletts des Welpen kommen. Gelenkerkrankungen und dauerhafte Gelenkschäden gehören ebenfalls zu den eventuellen Folgen.
Es gibt eine Vielzahl an Bewegungen, die den noch nicht voll ausgewachsenen Hundekörper – vor allem die Gelenke – besonders belasten und deshalb bestmöglich nicht durchgeführt werden sollten:
- Spiele mit dem Stöckchen, einem Ball oder Spielzeug, bei dem das Objekt hin und her gezerrt wird
- Springen über Hindernisse; bei dem von mir genannten Hürdenlauf handelt es sich um niedrige Hindernisse, über die der Hund steigen kann ohne springen zu müssen
- Renn-, Fang- und Jagdspiele
- Frisbees, Bälle oder Objekte aus dem Sprung heraus fangen
Diese Bewegungen bedeuten meist eine vergleichsweise hohe Geschwindigkeit des Hundes, weshalb starke Schubkräfte auf deinen Welpen einwirken. Aufgrund dessen werden besonders die Läufe beim Bremsen übermäßig stark strapaziert und belastet. Die körperliche Belastung ist sehr intensiv und bei Sprungbewegungen beispielsweise wirken Kräfte bis zu 700% des Körpergewichts des Hundes auf seine Gelenke ein.
Um Überlastung zu vermeiden, solltest du auch diese Details in Betracht ziehen:
- Achte auf ein gesundes Maß wenn dein Welpe spielt. Bei zu wildem Spielen solltest du rechtzeitig eingreifen, um Prellungen und Gelenkverletzungen zu vermeiden.
- Alle Hobbysportler sollten sich mindestens bis zum 12. Lebensmonat gedulden, um mit ihren Junghunden joggen oder Rad fahren zu gehen. Du kannst ihn natürlich schon vorher mit dem Fahrrad vertraut machen, indem du ihn neben ihm hergehen lässt während du das Rad schiebst. Mit dem aktiven Laufen am Fahrrad solltest du jedoch warten, bis dein Vierbeiner voll ausgewachsen ist.
- Spaziergang oder Spielgruppe: um deinen Hund nicht zu überlasten solltest du dich für eine ausgiebigere Gassirunde oder das Tollen mit anderen Hunden entscheiden. Wenn du beide Aktivitäten nacheinander durchführst, ist es möglich, dass dein Welpe bereits sehr erschöpft ist und sich dadurch ungewollt verletzt.
Bei diesen Signalen ist Vorsicht geboten: Sobald du merkst, dass sich dein Welpe anders als gewohnt bewegt, solltest du der Sache auf den Grund gehen. Steifbeinige Bewegungen oder Humpeln sind dabei klare Warnsignale, die unbedingt beachten werden müssen. Gegebenenfalls ist sogar ein Besuch in der Tierklinik oder beim Tierarzt notwendig.
Bewegung gern, aber in Maßen!
Bewegung ist nicht nur gut für deinen Welpen, sondern notwendig für seine Entwicklung. Dabei solltest du den goldenen Mittelweg zwischen Bewegungsmangel und Überlastung finden. Das mag zwar schwierig klingen, ist aber viel einfacher als du denkst, wenn du dich auf deine Vernunft und dein Bauchgefühl verlässt. Achte auf die Signale deines Hundes und stelle ihm ein spannendes Aktivitätenprogramm zusammen, damit er gesund und glücklich an deiner Seite groß wird.