„Endlich kann ich wieder raus und flitzen!“ Frauchen nimmt Wuffi das Hundegeschirr vom Körper und blitzartig rennt der Vierbeiner über die Wiese, klettert auf einen Erdhaufen und planscht voller Freude durch Pfützen. Welch ein Raudi! Plötzlich entdeckt er in der Ferne seinen Kumpel Bello, mit dem er schon öfters spielte. „Gleich gibt es noch mehr Spaß!“ Voller Erwartung läuft er schwanzwedelnd zu ihm und erstarrt. Bello kläfft unentwegt. Sein Herrchen hat ihm die Leine angelegt. Der Hund jedoch zieht und zerrt und lässt sich schließlich zu Boden fallen. Die beiden Besitzer diskutieren aufgeregt miteinander.
Was versteht man unter einer Leinenaggression?
Eigentlich ist er ein herzallerliebster Vierbeiner. Doch sobald der kleine Gauner angeleint wird, entwickelt er ein aggressives Verhalten, indem er knurrend versucht, sich aus voller Kraft loszureißen. Die meisten Hunde zeigen diesbezügliche Reaktionen, wenn ihnen Artgenossen begegnen. Andere wiederum nehmen Radfahrer, Jogger oder Fußgänger als ärgste Feinde ins Visier.
Eine Leinenaggression liegt vor, wenn das Verhalten des Hundes eskaliert und sich der Strolch an der Leine wie ein Raufbold benimmt, jedoch ohne Hundegeschirr brav und verträglich zeigt. Mit diesem Abwehrverhalten warnt der Vierbeiner seinen Gegner „Scher dich fort! Komm keinen Schritt näher!“
Die Entstehung einer Leinenaggression?
Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Mittlerweile ist bekannt, dass es drei unterschiedliche Ursachen gibt, die sowohl in Kombination miteinander als auch einzeln auftreten können.
1. Aufregung und Frust
Oftmals schlägt Freude auch ins Gegenteil um. Vierbeiner weisen beim Anblick von weiteren „Hundekollegen“ generell ein instinktives Verhalten auf. Die freudige Erregung zeigen sie mit einer gewissen Hippeligkeit. Bei einigen kleinen Fellnasen steigert sich die Unruhe jedoch derart, dass sie sich selbst im Wege stehen und nicht mehr beherrschen können. Die Leine verriegelt ihnen zusätzlich jede Gelegenheit zur individuellen Fortbewegung. Das fröhliche, vierbeinige Nervenbündel ist mittlerweile derart verärgert, dass es in dieser Notlage schnell in ein aggressives Verhalten fällt.
2. Zusammenhang zwischen Schmerzen und unangenehmen Gefühlen – Assoziation
Genauso wie der Mensch lernt auch der Vierbeiner durch Assoziation. Dabei werden im Gehirn Abläufe stets in gleicher Reihenfolge emotional und motorisch miteinander verknüpft. Bezüglich der Leinenaggression entsteht die Verknüpfung folgendermaßen:
- Der Vierbeiner steigert das Tempo, um sich schneller dem entgegenkommenden Kumpel zu nähern. Bei diesem Versuch drückt das Hundehalsband derart, dass starke Schmerzen entstehen. Hält der Besitzer die Leine ruckartig fest, um seinen Floh abzubremsen, können sich die Schmerzen verschlimmern. Daraus schlussfolgert der Hund, dass ein unangenehmes und gar schmerzhaftes Gefühl entsteht, sobald sich ein fremder Vierbeiner nähert. Es kommt zum Stress, der oftmals in Aggression übergehen kann.
3. Angst und Unsicherheit
Eigentlich kam für den Vierbeiner erst durch das Zusammensein mit dem Menschen die Leine ins Spiel. Vorher war er völlig frei. Ein Fakt, der somit für den Kleinen als erzwungener Zustand steht, denn die Leine schränkt seine Bewegung radikal ein. Deshalb muss sich die Fellnase erst mit der Leine vertraut machen.
- Einige Vierbeiner haben schmerzhafte Erfahrungen mit anderen Artgenossen gemacht. Sie wurden angegriffen oder gebissen. Weil sie jedoch während des Vorfalls angeleint waren, konnten sie sich nicht verteidigen oder sogar fliehen.
- Manche Tiere werden nur oberflächlich oder überhaupt nicht mit anderen Hunden sozialisiert. Darüber hinaus gibt es charakterlich auch sehr scheue Vierbeiner, deren Ängste trotz mehrer Versuche bestehen bleiben.
Hilfe für meinen Hund
Die beste Maßnahme ist zweifellos, die Leine so selten wie möglich zu benutzen. Das Ziel wäre hierbei jedoch, anderen Vierbeinern auch ohne Leine zu begegnen. Das ist allerdings nicht überall und zu jeder Zeit möglich. Als Hundebesitzer solltest du den kleinen Liebling möglichst bereits als Welpe an die Leine gewöhnen. In diesem Fall kann das Anlegen des Hundegeschirrs auch auf spielerischem Wege erfolgen, was der Vierbeiner gleichzeitig mit positiven Gefühlen verknüpft. Bei der Leinenführung darfst du generell niemals hektisch reagieren. Hunde sind sehr sensibel und spüren jede Unsicherheit. Deshalb passiert es oftmals, dass die kleinen Stromer ihrem inneren Beschützerinstinkt folgen und selbst die Führungsposition übernehmen.
Übungen gegen Leinenaggression
Abstand halten
Bei einer frontalen Begegnung mit Artgenossen ausreichend Raum zwischen die Rivalen bringen. Indem du einen großzügigen, weit ausgedehnten Bogen um den anderen Artgenossen ziehst, senkst du automatisch den Stresspegel deines Hundes. Unter dem Motto: „Es wird schon nichts passieren!“ ist weniger hilfreich und bringt alle Beteiligten nur in eine prekäre Lage.
Ablenkung durch Spiel
Der Lieblingsball oder ein Suchspiel sind völlig ausreichend, um die Aufmerksamkeit darauf zu lenken. Die meisten Hunderassen begeistern sich für derartige Spiele und folgen dem schlauen Ablenkungsmanöver.
Achte allerdings darauf, dass du unerwünschtes Verhalten nicht mit Leckerlis belohnst. Auf das richtige Timing kommt es an! Hierfür musst du stets die Umwelt gut im Auge behalten. wenn der kleine Racker aggressiv auf seine Artgenossen reagiert. Nur auf diese Weise ist es möglich, noch beizeiten mit der Ablenkung zu beginnen. Hat er sich bereits auf Rivalen fixiert, ist es meist schwierig, die Situation zu retten.
Sinnvolle Alternative
Wenn du mit ihm ein anderes Verhalten trainierst, kannst du den Stresspegel während der Situation senken. Es handelt sich hierbei um Aufforderungen, beispielsweise „Platz“, „Sitz“ oder „Stopp“. Im Idealfall konzentriert sich der Hund direkt auf dich und ist gleichzeitig abgelenkt.
Kleiner Tipp am Rande!
Bei einer Leinenaggression empfiehlt sich ebenfalls der Besuch eines Hundetrainers. Dieser kann mit der notwendigen Fachkenntnis deinem Liebling noch schneller und nachhaltiger zu einem Hundeleben ohne derartigen Stress verhelfen!